AUSTELLUNGEN
Bilder, welche du gemacht hast haben Einfluss auf die,
welche du machen wirst. So ist das Leben!
– John Sexton
Wuppertal im Wandel der Zeit
1996 übernahm ich das Fotoatelier Schäfer im Kipdorf. Bereits nach einiger Zeit machte ich eine unglaubliche Entdeckung. Ich fand viele Kartons mit alten Negativen, vergessen in einem Kabuff auf der halben Treppe. Bei genauerer Betrachtung fiel mir zunächst das Thalia Theater in die Hände und ich dachte mir es lohnt sich ein wenig weiter zu stöbern. Und wir machten eine spektakuläre Entdeckung. Irgendwann entschieden wir uns das alles einmal zu sortieren und Abzüge zu machen. Zum 125 jährigen Jubiläum des Fotoatelier Schäfer im Jahr 2000 waren wir bereit für die Ausstellung Wuppertal im Wandel der Zeit. Im Rex Theater wurden erstmals Fotos der 1950 bis 1970 er Jahre aus dem Archiv des Fotoatelier Schäfer, in einer großen Ausstellung gezeigt. Wuppertal im Wandel der Zeit wurde zu einer Wanderausstellung und wurde immer wieder um neue Exponate ergänzt.

„Wunderbar gemacht“
Anfang 2018 trat Annette Horn an mich heran. Eine ehemalige Kundin, die ich bereits Jahre zuvor auch einmal fotografiert hatte. Ihr Anliegen war etwas ungewöhnlich. Ihre Arbeit in einem Seniorentreff der evangelischen Gemeinde hatte sie zu mir geführt. Die Senioren beschäftigten sich nun seit einiger Zeit mit dem Thema Alter und Schönheit und so kam es zu der ungewöhnlichen Anfrage: Sie fragte mich, ob ich Lust hätte eine Gruppe von Senioren im Alter von 72 bis 99 Jahren einmal nackt zu fotografieren. Ein Projekt was ich mir schon immer gewünscht hatte und natürlich hatte ich Lust dazu. Aber ich glaubte nicht, dass das jemals jemand machen würde. Da sollte ich mich geirrt haben. Es dauerte ein wenig, aber ein gutes halbes Jahr später war es soweit und es entstand die Ausstellung „Wunderbar gemacht“ in Zusammenarbeit mit dem Gemeindezentrum der evangelischen Kirche Uellendahl-Ostersbaum.
Langsam schiebt sie sich mit ihrem Rollator aus dem improvisierten Fotostudio im Gemeindezentrum. Das vorhin noch sorgfältig frisierte Haar ist ein bisschen in Unordnung geraten. Steht ihr. „Wie war’s?“ frage ich. Sie geht langsam an mir vorbei, überlegt einen kurzen Moment. „Hemmungslos“, sagt sie dann und blinzelt mir zu. „Wie immer“, kichert sie. Frau P. ist 79 Jahre alt. Über die Schulter ruft sie mir zu: „Wenn Sie wissen wollen, wie ich aussehe, googeln Sie mal ‚Venus von Willendorf‘. Aber meine Fotos sind schöner!“
Frau M. ist zierlich. Sie zittert ein bisschen, als sie, auch am Rollator, aus dem Studio kommt. Und strahlt über das ganze Gesicht. „Ich bin schön“, flüstert sie und klingt wie jemand, der weiß, was sie sagt. „Ich bin richtig, richtig schön.“ Frau M. ist 86 Jahre alt. Frau T. sitzt allein am Kaffeetisch im Innenhof. Ihre Schultern zucken. Sie weint. Ich überlege kurz, dann setze ich mich zu ihr. „Alles okay?“ frage ich. Sie nickt. Einmal, zweimal, dann ein drittes Mal, heftiger. Dann guckt sie mich an. Wimperntusche und Kajal sind verlaufen. Sie ahnt, wie sie aussieht. Dann lacht sie leise, wischt sich einmal über die Augen und stellt fest: „Gut, dass ich schon fotografiert worden bin.“ Dann fängt sie an zu erzählen. Von ihrer Mutter. Die sie immer angeguckt, traurig den Kopf geschüttelt und gesagt hat: „Was bist du nur für ein hässliches Kind.“ Noch kurz vor ihrem Tod hat sie es ihr gesagt: „Du bist ja ein liebes Mädchen. Schade, dass du so hässlich bist.“ Frau T. nimmt sich ein Taschentuch, schneuzt sich einmal kräftig. Dann lächelt sie. „Heute haben wir bewiesen, dass das nicht stimmt. Ihr nicht. Aber mir. Gibt’s noch Kuchen?“
Frau S. rutscht ein bisschen auf ihrem Stuhl hin und her. Mit den Fotos hat sie keine Probleme gehabt, aber jetzt angezogen vor laufender Kamera interviewt zu werden, das findet sie seltsam. Das hat sie noch nicht erlebt in ihren 83 Jahren. Was soll sie denn schon zu sagen haben, das andere interessieren könnte? Ihre Antworten sind zuerst einsilbig. Ja, sie war überrascht, als wir zum ersten Mal von dem Projekt erzählten. Nein, ihre Familie habe keine Bedenken, sie fänden das gut. Oh nein, ihre Kinder und Enkel würden sowas nie machen. Langsam kommt sie in Fahrt, lacht, gestikuliert. Am Ende will ich wissen: Gibt es etwas, was sie Jüngeren sagen will? Und Frau S. richtet sich in ihrem Stuhl auf und guckt direkt in die Kamera. Ihre Stimme laut und fest: „Habt nicht immer so eine Scheißangst. Und lasst euch verdammt nochmal nicht einreden, dass Ihr irgendwas nicht dürft oder könnt oder sollt, weil ihr Frauen seid oder weil ihr alt seid oder weil ihr nicht so makellos ausseht wie die Frauen in der Werbung. Die sind nicht echt. Ihr seid echt. Und nur echt kann man leben.“
– Holger Pyka | Pastor der evangelischen Kirchengemeinde Uellendahl/Ostersbaum
Wir im Kipdorf
1998 entstanden die Fotografien für die Ausstellung: Wir im Kipdorf. Gezeigt wurden die dort ansässigen Einzelhändler in ihrem Arbeitsumfeld, in ihren Läden oder bei mir im Studio. Die Fotos wurden später in den Räumen der Deutschen Telekom am Platz am Kolk ausgestellt. Alle Fotos sind analog entstanden und in unserer eigenen Dunkelkammer ausbelichtet worden.

Fotoatelier Schäfer

Reisebüro Bender

Möbel Dickamp

Marions Teeladen

Blumen Rehse

Sparkasse Kipdorf

Zorbas Grill

Friseur Bannert

Bücherei Finke

T-Punkt

Küchenstudio Blasberg
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Die Lichtbildwerkstatt
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